Weitergehende Impressumspflicht

Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, haben zusätzlich zu den Angaben nach den §§ 5 und 6 TMG einen Verantwortlichen mit Angabe des Namens und der Anschrift zu benennen (§ 55 Abs. 2 Satz 1 RStV).

 

1. Anbieter journalistisch-redaktioneller Telemedien

 

Die Veröffentlichungspflichten aus § 55 Abs. 2 RStV richten sich – verkürzt gesagt – an die Anbieter journalistisch-redaktioneller Telemedien. Für die Beantwortung der Frage, wer „Anbieter“ eines solchen Telemediums ist, gelten die Regelungen des § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG entsprechend (vgl. C. II. 1., Seite 13 ff.).

 

2. Journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote

 

Bei den Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten nach § 55 Abs. 2 RStV handelt es sich nach überwiegender Auffassung[1] um die „Mediendienste“ i. S. d. (zum 01.03.2007 außer Kraft getretenen) § 2 Abs. 4 Nr. 3 Teledienstgesetz (TDG), also um Dienste, die der redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit dienen („elektronische Presse“). Diese Begriffsbestimmung des „Mediendienstes“ lebt demnach unter der neuen Bezeichnung des „journalistisch-redaktionellen Angebots“ weiter[2].

 

Ein „journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot“ setzt ein an publizistischen Grundsätzen ausgerichtetes Arrangieren von Themen (d. h. eine planvolle, nicht notwendig gewerbsmäßige Tätigkeit, die auf formale und inhaltliche Aufbereitung des „Rohmaterials“ gerichtet ist) für die Öffentlichkeit voraus[3]. Kennzeichnend ist das Zusammentragen und Klären verschiedener Sachverhalte und Ansichten, um als Ergebnis ein einheitliches Erzeugnis für die öffentliche Meinungsbildung erscheinen zu lassen[4]. Dies bedingt i. d. R., dass der Redakteur Informationen aus verschiedenen Quellen bezieht und sich argumentativ mit gegenläufigen Standpunkten befasst. Vereinzelte Meinungsäußerungen erfüllen daher nicht den Standard eines „journalistisch-redaktionell gestalteten Angebots“[5].

 

„Kommerzielle Kommunikation“ (§ 6 TMG) gehört nicht zu den journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten[6], weil sie nicht gesellschaftlichen Belangen verpflichtet ist, sondern der positiven Darstellung von Unternehmen und Produkten dient[7].

 

Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 RStV ist ein regelmäßig wiederkehrendes Angebot nicht mehr[8] für die Benennung eines Verantwortlichen erforderlich[9]. Auch alle anderen journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote werden von der Pflicht zur Benennung eines Verantwortlichen erfasst.

 

Zu den nach § 55 Abs. 2 RStV impressumspflichtigen Mediendiensten zählen demnach etablierte Websites bekannter Nachrichtenmagazine, Zeitungen und kritische Meinungsportale ebenso, wie Weblogs (jedenfalls, soweit über Ereignisse von öffentlichem Interesse berichtet wird), zu versendende E-Newsletter und andere Info-Portale, wie etwa Online-Ausgaben von Schüler- und Hochschulzeitungen, nicht jedoch z. B. (moderierte) Diskussionsforen[10].

 

Neben den Informationspflichten aus § 5 TMG (vgl. hierzu die Ausführungen unter Punkt D. I. 1. [Seite 21 ff.] und D. I. 2. [Seite 26 ff.]) und ggf. § 6 TMG haben die Anbieter von Mediendiensten jeweils (mindestens) einen „Verantwortlichen“ zu benennen, der für die Erstellung des Inhalts des Mediendienstes haftbar ist. Dazu wird unter Punkt D. II. 1. (Seite 29 ff.) näher ausgeführt.

 

 

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[1] Lorenz Die Anbieterkennzeichnung im Internet, 2007, S. 81 ff. m.w.N.; Spindler/Schmitz/Geis, Teledienstegesetz, Teledienstedatenschutzgesetz, Signaturgesetz, 2004, § 2 TDG, Rdnrn. 5, 11 f.

 

[2] Lorenz (Fn. 39), S. 121 ff.; Lütcke, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, 2000, S. 102

 

[3] Eberle/Rudolf/Wasserburg/Gersdorf, Mainzer Rechtshandbuch der Neuen Medien, Heidelberg 2003, Kap.III, Rn. 238; Weiner/Schmelz, K&R 2006, 453, 457

 

[4] OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss v. 19.03.2003, Az.: 8 B 2567/02); vgl. Lorenz (Fn. 39), S. 82.

 

[5] Lorenz (Fn. 39), S. 82 f.; Ott (Fn. 11), S. 357; Spindler/Schmitz/Geis (Fn. 39), § 2 Rn. 14.

 

[6] Anbieter von Mediendiensten müssen jedoch – über die Informationen nach § 5 TMG hinaus – Angaben gemäß § 6 TMG veröffentlichen, soweit sie auf ihrer Website auch kommerzielle Kommunikation betreiben, also etwa Waren und/oder Dienstleistungen entgeltlich anbieten.

 

[7] Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 54 Rdnr. 59; Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster (Fn. 7), § 5 TMG, Rdnr. 24, m.w.N.

 

[8] im Gegensatz zu der bis zum 28.02.2007 geltenden Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 1 des Medienstaatsvertrages (MDStV)

 

[9] Dies stellt lediglich einen exemplarischen Fall („insbesondere“) dar, ebenso wie das Merkmal der „Wiedergabe von Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild“. Vgl. Lorenz (Fn. 39), S. 341; Ott (Fn. 11), S. 356; Weiner/Schmelz (Fn. 41).

 

[10] vgl. Lorenz, RdJB 2008, 486 ff.; ders., SchulR 2009, 50, 51; ders., in Taeger/Wiebe, Von AdWords bis Social Networks – Neue Entwicklungen im Informationsrecht, 2008, S. 63-76